Periodisierung beim Lauftraining und was du dazu wissen solltest
Zu Zeiten des Kalten Krieges etablierte sich von der Sowjetunion ausgehend mit der Periodisierung eine Trainingsmethodik, die heute weltweit zur Anwendung kommt. Eine besondere Form der Periodisierung ist die umgekehrte Periodisierung, die vor allem im Lauftraining zum Einsatz kommt.

Die Geburt einer neuen Trainingsmtehode
In den 1950er-Jahren befand sich die Welt in der Anfangsphase des Kalten Krieges. Ost und West standen sich unversöhnlich gegenüber. Zu dieser Zeit entwickelten sowjetische Sportwissenschaftler das Modell der Periodisierung. Mit großem Erfolg: bei den olympischen Spielen 1952 in Helsinki holte die Sowjetunion hinter den USA die meisten Goldmedaillen. Dabei kam heraus, dass es sich bei den Erfolgen nicht um Zufall handelte. Sie waren das Ergebnis einer systematischen und wissenschaftlich fundierten Trainingsplanung namens Periodisierung.
Als Erfinder der Methode gilt der russische Physiologe Leo Matveyev, der 1964 das Buch „Fundamentals of Sports Training“, zu deutsch „Grundlagen des sportlichen Trainings“ auf den Markt brachte. Bis heute gilt das Werk als Meilenstein. Matveyevs Ansatz teilte das Training in klar definierte Phasen ein – eine radikale Abkehr vom bis dahin üblichen, oft willkürlichen „Mehr ist besser“-Prinzips.
Periodisierung im Westen
Erstaunlicherweise adaptierten westliche Trainer erst in den 1970er-Jahren das Modell der Periodisierung. Als Vater der modernen Periodisierung gilt der kanadische Sportwissenschaftler Tudor Bompa, der mittlerweile 92 Jahre alt ist und immer noch Vorträge halt. Gleichzeitig entwickelte der neuseeländische Lauflegende Arthur Lydiard ein Periodisierungsmodell speziell für Läuferinnen und Läufer, das bis heute viele Marathon-Trainingspläne prägt.
Kritische Stimmen
Nicht alle sind von der Periodisierung überzeugt. Manche zweifeln an ihrer universellen Anwendbarkeit – etwa für den Breitensportler oder bestimmte Disziplinen. Im Laufsport gilt sie aber als gut anwendbare Methode.
Was ist Periodiserung?
Unter Periodisierung versteht man die Planung eines Trainingsjahres in klar abgegrenzte Zeitblöcke. Am bekanntesten ist die Unterteilung in Makro-, Meso- und Mikrozyklen, in denen man jeweils bestimmte physiologische Schwerpunkte setzt. Außerdem existieren verschiedene Modelle – lineare, nichtlineare und Block-Periodisierung. Das Ziel ist aber immer das Gleiche: die Leistungsfähigkeit zu einem definierten Zeitpunkt (meist dem wichtigsten Wettkampf des Jahres) gezielt auf den Höhepunkt zu bringen.
Die drei Leitlinien bei der Planung
Trend 1 – Spezifität im Zeitverlauf
Je näher der Wettkampf rückt, desto wettkampfspezifischer wird trainiert. Was am wenigsten spezifisch ist, gehört weiter weg vom Wettkampf.
Trend 2 – Stärken und Schwächen taktisch platzieren
Kurz vor dem Wettkampf dominieren Stärken. Schwächen allerdings gilt es frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Knifflig wird es, wenn die wettkampfspezifische Anforderung zugleich die persönliche Schwäche ist. Also beispielsweise die Fähigkeit mit einer hohen Intensität 5 Kilometer zu laufen. Dann gilt die Devise, diese Schwächen frühzeitig im Zyklus gezielt anzugehen.
Trend 3 – Lastensteuerung innerhalb eines Blocks
Der Trainingsblock beginnt mit den höchsten Belastungen und reduziert sich dann im weiteren Verlauf. So kannst du die forderndsten Einheiten absolvieren, wenn du am frischesten bist – anstatt am Ende eines Blocks ermüdet Spitzenbelastungen zu erzwingen und Trainingseffekte zu verschenken.
Umgekehrte Periodisierung
Wie der Name schon sagt, kehrt die umgekehrte Periodisierung die klassische Reihenfolge um. Statt anfangs viel Umfang bei niedriger Intensität zu trainieren, startest du mit wenig Umfang bei hoher Intensität und verschiebst den größeren Umfang näher an den Wettkampf.
Ob das sinnvoll ist, hängt von Disziplin, Zieldistanz und individueller Ausgangslage ab. Hier ein paar Beispiele:
Achtung
Die umgekehrte Periodisierung ist kein Allheilmittel! Sie funktioniert nur, wenn die Grundlagenausdauer bereits vorhanden ist. Das gilt insbesondere für noch nicht so gut trainierte Sportlerinnen und Sportler. Sie sollten sich unbedingt erst eine aerobe Basis aufbauen. Mehr dazu im Video:
Die wichtigsten Trainingstipps
Unabhängig vom Modell gilt: Leichte, aerobe Basisarbeit gehört immer vor intensiven Reizen – besonders bei Einsteigern oder nach längeren Laufpausen. Und ganz, ganz wichtig: Das Herz-Kreislauf-System passt sich schneller an als Muskeln, Sehnen und Bindegewebe. Mit anderen Worten: Kardiovaskulär bist du ohne Probleme in der Lage, eine Stunde bei hohem Tempo zu laufen. Doch für deine Muskeln und Sehnen kann die Belastung eventuell noch zu hoch sein. Deshalb gilt: zu Beginn mit leichten Intensitäten starten, damit die Strukturen Schritt halten. Das heißt jetzt aber nicht, dass intensive Reize in der Anfangsphase verboten sind – aber du musst sie klug dosieren.
Vorteile der klassischen Periodisierung
Vorteile der umgekehrten Periodisierung
Nachteile der jeweiligen Methoden
Tipps zur praktischen Umsetzung
Trainingsphase | Schwerpunkt | Lauftraining | Anpassungszeit | Regeneration |
Grundlagenphase | Aerobe Ausdauer | aerobe Läufe zwischen 60 und 90 Minuten | 6 – 12 Wochen | 24 – 48 Stunden |
Aufbauphase | Kraft & Tempohärte | Fartlek, Hügelläufe (neben weiterhin aerobem Training) | 4 – 8 Wochen | 48 Stunden |
Wettkampfvorbereitung | Race-Pace-Taktik | Intervalle (z.B. 5 x 1000 Meter im Renntempo) | 3 – 6 Wochen | 72 Stunden |
Tapering | Regenration und Feinjustierung | kurze, lockere Einheiten | 1 – 2 Wochen | 24 – 48 Stunden |