Superkompensation – so funktioniert das wichtigste Trainingstool
Wer regelmäßig und ausreichend intensiv Sport treibt, setzt im Körper gewisse Prozesse in Gang. Idealerweise führen diese zu kontinuierlichen Leistungssteigerungen. Das alles funktioniert aber nur, wenn man sich mit einem wichtigen sportwissenschaftlichen Grundsatz auskennt: Superkompensation.
So führt Superkompensation zu Leistungssteigerungen
Unser Organismus belohnt alle, die sich beim sportlichen Training an das Wechselspiel von Belastung und Erholung halten. Denn dann steigt die Leistungsfähigkeit kontinuierlich an. Das Herz wächst, die Muskelkraft nimmt zu und die Kraftpakete funktionieren auch besser. Sehnen und Bänder profitieren ebenfalls. Zudem sprießen neue Blutgefäße, die eine optimale Sauerstoffversorgung des ganzen Körpers gewährleisten.
Viele beachten das Gesetz der Superkompensation nicht
Doch leider zeigen Untersuchungen immer wieder, dass sich viele Sportler, vom Anfänger bis zum Spitzenathleten, nicht daran halten. Das hat Folgen: Die Leistung stagniert oder fällt ab, es kommt häufiger zu Verletzungen und zu einem schwächelnden Immunsystem. Um das zu vermeiden, ist es ratsam, sich näher mit dem Gesetz der Superkompensation auseinanderzusetzen. Dabei geht es um folgendes:
- Grundsatz 1: Du musst dich systematisch schwächen, um stärker zu werden. Klingt paradox, die Erklärung folgt aber gleich.
- Grundsatz 2: Nachdem du deinen Körper durch sportliches Training geschwächt hast, musst du ihm die Chance geben, sich zu erholen.
- Grundsatz 3: Wenn du die nächste Belastung zu früh setzt, kommt es zum Übertrainingssyndrom. Deine Leistung stagniert oder baut ab.
- Grundsatz 4: Wenn du zu lange mit der nächsten Belastung wartest, fängst du im Grund genommen immer wieder von vorne an. Leistungssteigerungen sind dann kaum zu erwarten.
Superkompensation macht den Körper fitter
Das Timing spielt also die entscheidende Rolle. Sobald du mit dem Training beginnst, setzen Ermüdungsprozesse ein. Deine Leistungsfähigkeit sinkt. Direkt nach Trainingsende beginnt dann die Regeneration. Die Leistungsfähigkeit steigt wieder und geht sogar über das Ausgangsniveau heraus. Experten bezeichnen das als Schwingverhalten. Auf dem Höhepunkt dieser Phase – Superkompensation genannt – sollte idealerweise die nächste Belastung folgen. Diese führt wieder zur Ermüdung. Nach dem Training setzt die Regeneration ein, es kommt wieder zur Superkompensation und so weiter und so fort. Die nachfolgende Grafik zeigt, wie es optimal ist.
Das Timing bei der Superkompensation
Ein planloses Training, ohne Berücksichtigung des Schwingverhaltens, führt zu einem Leistungsabfall. Deshalb ist es für jeden Sportler wichtig zu wissen, wie lange der Körper braucht, um sich nach einer Belastung zu erholen. Oder besser noch, wann die nächste Trainingseinheit idealerweise folgen sollte. Hier der zeitliche Überblick:
- Rein aeorobes Training: Der Körper regeneriert bereits während des Trainings. Theoretisch ist es also möglich, diese Art der Belastung sogar zweimal täglich durchzuführen. Beim Joggen entspricht das 60 bis 70 % deiner maximalen Herzfrequenz.
- Aerob-anaerobes Training: Bei einer Belastung von 75 bis 85 Prozent der maximalen Leistungsfähigkeit (beispielsweise bei einem Intervalltraining, Berganläufen oder Treppentraining) braucht der Körper je nach Leistungsfähigkeit 24 bis 48 Stunden um zu regenerieren. Eine rein aerobe Belastung ist aber schon am darauffolgenden Tag möglich und kann sogar zu einer schnelleren Regeneration beitragen.
- Anaerobes Training: Bei Belastungen die 90 Prozent der maximalen Leistungsfähigkeit entsprechen, dauert es je nach Leistungsniveau 48 bis72 Stunden. Auf hier gilt: eine aerobe Belastung ist schon am darauffolgenden Tag wieder möglich.
- Training mit anaboler Wirkung, wie etwa Krafttraining: Je nach Intensität zwischen 18 und 48 Stunden.
- Training mit Wirkung auf das neuromuskuläre System (z.B. Funktional Fitness, Circuittraining, Life Kinetik): je nach Leistungsfähigkeit bis zu 72 Stunden.
Kompensationstraining zur Regeneration
Wie schon erwähnt, ist es nicht nötig, nach einem anstrengenden Training 48 Stunden Pause zu machen. Denn es gibt auch trainingsmethodische Maßnahmen zur Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit, die auch als Kompensationstraining bezeichnet werden. Dabei unterscheidet man zwischen spezifischem und unspezifischem Kompensationstraining.
- Beim spezifischen Kompensationstraining geht es um die gleiche Belastung, wie beim Training zuvor, allerdings mit niedrigerer Intensität. Nachteil: Es kommen wieder die gleichen Muskelgruppen zum Einsatz kommen und das kann den Regenerationsprozess stören.
- Beim unspezifischen Kompensationstraining kommen Muskelgruppen und Bewegungsabläufe zum Einsatz, die im vorangegangen Training nicht beansprucht wurden. Vorteil: Ermüdungsrückstände des Stoffwechsels (Schlackenstoffe in der Muskulatur) werden schneller beseitigt.
- Aktive Erholung ist übrigens immer besser als passive Erholung (also die komplette körperliche Ruhe). Das ist aber eigentlich nur für ambitionierte Sportler von Bedeutung.