Das Tensegrity-Modell – Training der Muskelketten
Treten irgendwo Schmerzen auf, geht man zum Arzt. Man bekommt eine Salbe, eine Spritze, manchmal droht gar eine Operation. Das kann kurzfristig helfen. Doch oft kommen die Beschwerden wieder. Abhilfe schafft ein regelmäßiges Training wie beim Tensegrity-Modell. Es kann Probleme vorbeugen und beheben sowie die Fitness verbessern.
Ein Architekt hat das Tensegrity-Modell entwickelt
Er war weder ein brillanter Arzt noch ein begnadeter Physiotherapeut oder visionärer Trainer. Der Erfinder des Tensegrity-Modells war Richard Buckminster Fuller (1895 – 1983) war Architekt. Er entwarf bereits Mitte des vorigen Jahrhunderts ein Tragwerksystem, in dem sich Strukturen durch Druck und Spannung selbst stabilisieren. Seine visionären Bauten hat man seitdem in vielen Science-Fiction-Filmen gesehen. Ob ihm dabei der menschliche Körper als Inspiration diente, ist nicht überliefert. Fest steht aber, dass auch wir von Kopf bis Fuß nach dem Tensegrity-Modell aufgebaut sind. Und das sollte Einfluss auf das sportliche Training haben.
Das Tensegrity-Modell und der Einfluss auf das Training
- Unser ganzer Körper ist ein ausgeklügeltes System von miteinander arbeiten Muskelketten, stabilisierenden Bändern und raffinierten Gelenksystemen.
- All diese Strukturen müssen für gute sportliche Leistungen optimal zusammen arbeiten.
- Schon ein gestörter oder geschwächter Bereich reicht aus, um das ansonsten reibungslose Zusammenspiel empfindlich zu stören. Das können Verletzungen oder muskuläre Dysbalancen sein.
Der Körper verfügt über mehrere Muskelketten
Schauen wir uns das ganze Konstrukt noch einmal genauer an. Unser Körper besteht aus 639 Muskeln. Mehrere Muskeln, die zusammenarbeiten, bezeichnet man als Muskelkette. Sie sind über Faszien strukturell und funktionell miteinander verknüpft. Es gibt eine vordere, eine hintere und eine spiralförmige Muskelkette sowie zwei seitliche Muskelketten. Sie alle richten den Körper auf, sorgen für seine Stabilität und Leistungsfähigkeit. Hinzu kommt, dass viele Muskeln über Faszien auch indirekt verbunden sind. Mit erstaunlichen Auswirkungen:
- Verklebte Faszien im Schulterbereich, können sich beispielsweise negativ auf das Laufverhalten oder die Beinkraft auswirken.
- Der Grund ist eine gestörte Weitergabe der Spannung.
- Bei Rechtshändern ist häufig das rechte Schulterblatt und über die Muskelkette dann auch das linke Bein betroffen.
So lassen sich Schwachstellen identifizieren
Um einen oder mehrere Schwachstellen aufzudecken, hat sich der Functional Movement Screen (siehe Video von Silvester Neidhart unten) als probates Mittel erwiesen. Selbst kann man ihn allerdings nicht durchführen. Dazu ist ein speziell ausgebildeter Physiotherapeut nötig.
Muskuläre Dysbalancen als Folge
Ein guter Trainer, Physiotherapeut oder Sportmediziner kann das bei bestimmten Übungen mit dem bloßen Auge erkennen. Dazu ein Beispiel: Du machst Kniebeugen mit der Langhantel. Dabei kommen die Oberschenkel-, Waden- und Gesäß- sowie auch die Rumpfmuskeln zum Einsatz. Wenn eine beteiligte Muskelgruppe zu schwach ist, übernehmen die anderen Muskeln deren Aufgabe. Folge: Die ohnehin schon starken Muskeln werden noch stärker und die schwachen Muskeln bleiben schwach. So kommt zu einer muskulären Dysbalance.
Die Folgen muskulärer Dysbalancen
- Ökonomisches Training wird deutlich erschwert und führt gleich zu mehreren Problemen.
- Die Muskeln, die für den „Schwächling“ einspringen müssen, verbrauchen unnötig viel Sauerstoff und das mindert die Leistungsfähigkeit.
- Über kurz oder lang kommt es zu einer Überlastung, der Körper wehrt sich mit Schmerzen oder sogar Verletzungen.
Die unterschiedlichen Gegenmaßnahmen
- Functional Fitness: Das Ganzkörpertraining ist bestens geeignet, um die verkümmerten Muskeln wieder zu aktivieren. Wichtig ist dabei die richtige Bewegungsausführung, damit es nicht zu Ausweich- oder Ausgleichsbewegungen kommt. Nach und nach verbessert sich das Zusammenspiel aller Gelenke und Muskeln. Auch Dysbalancen lassen sich mit Functional Fitness gut entgegenwirken. Hauptaugenmerk ist dabei aber auf die zuvor identifizierten Schwachstellen zu legen.
- Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation (PNF): Sie verbessert das Zusammenspiel von Nerv und Muskel. Eine besondere Rolle spielen dabei die so genannten Propriozeptoren. Das sind Sensoren in den Gelenken und Muskeln, die jederzeit darüber Auskunft geben, welche Stellung der Körper im Raum gerade einnimmt. Das ist in jeder Sportart, bei jedem Lauftraining oder Kraftprogramm ein leistungsbestimmender Faktor. Schließlich erhält der Muskel über die Nerven die Impulse zum Beugen und Strecken. Wird diese Leitung trainiert, bilden sich immer mehr Kontakte zwischen Nerv und Muskel und das macht dich deutlich fitter. Unter dem Stichwort Propriozeptives Training gibt es auf YouTube einige sehr gute Videos.
- Pilates: Das nach dem Bodybuilder Joseph Pilates benannte Training legt besonderen Wert auf Haltung und Atmung. Alle Übungen (mit und ohne Geräte) werden langsam, fließend und rhythmisch durchgeführt. Das macht nicht nur stärker, sondern auch geschmeidiger und flexibler. Mit Pilates lassen sich die Schwachstellen gezielt identifizieren und beseitigen.