Mit Tapering am Tag X in Bestform

Mehr als zwei Millionen Läuferinnen und Läufer nehmen regelmäßig an Laufveranstaltungen teil. Wer dann am Tag X in Bestform an den Start gehen will, sollte sich gezielt vorbereiten. Die letzten 6 Wochen und das so genannte Tapering können dabei entscheidend sein.

Tapering, richtig durchgeführt, kann die Leistungsfähigkeit um 10 Prozent steigern

Was ist Tapering?

Beim Tapering handelt es sich um eine Phase, bei der du die Trainingsbelastung vor einem für dich wichtigen Wettkampf reduzierst. So kannst du sicherstellen, dass du dich am Tag des Wettkampfs in bestmöglicher physischer und auch psychischer Verfassung befindest. Durch die Reduktion der Trainingsintensität und des Trainingsumfangs, kannst du die körperliche Ermüdung verringern und die Energiereserven auffüllen.

Wie lang ist die Tapering-Phase?

Die Dauer des Taperings variiert je nach Sportart, dem Leistungsniveau und den individuellen Bedürfnissen. Bei Spitzenathleten dauert sie manchmal nur ein bis zwei Wochen. Für die meisten Sportlerinnen und Sportler sind aber drei Wochen ideal. In dieser Phase wird die Trainingsintensität allmählich gesenkt. Aber und das ist ganz wichtig: die Qualität der einzelnen Trainingseinheiten bleibt hoch. Das Tapering hilft dabei, die Leistungsfähigkeit der Muskeln zu verbessern, die Glykogenspeicher aufzufüllen. Außerdem kann sich der Körper von den Belastungen des vorangegangenen intensiven Trainings erholen.

Für wen kommt Tapering in Frage?

Tapering ist insbesondere für leistungsorientierte Sportlerinnen und Sportlern interessant, die mehrmals die Woche oder gar täglich train ieren und an Wettkämpfen auf höherem Niveau teilnehmen.

  • Ausdauersportarten: Athletinnen und Athleten im Lauf-, Rad- und Schwimmsport sowie Triathleten profitieren ganz besonders vom Tapering.
  • Kraftsport: Auch im Kraftsport kann Tapering interessant sein, insbesondere um die Ermüdung der Muskulatur zu reduzieren. So kann man sicherzustellen, dass man die maximale Kraft und Leistung im Wettkampf abrufen kann.
  • Teamsportarten: Athleten in Mannschaftssportarten wie Fußball, Basketball und Hockey können ebenfalls vom Tapering profitieren, um ihre Schnelligkeit, Ausdauer und Reaktionsfähigkeit zu maximieren. Aufgrund des vollen Spielkalenders ist das allerdings etwas schwieriger umnzusetzen.
  • Kampfsport: Auch Sportlerinnen und Sportler in Kampfsportarten wie Boxen, Judo oder Ringen können mit der Tapering-Phase sicherzustellen, dass sie im Wettkampf ihre optimale Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit abrufen können.

Wie sehen die Trainingsphasen aus?

Als Diplom-Trainer Leichtathletik möchte ich mich in diesem Beitrag auf das Training von Läuferinnen und Läufern konzentrieren. Die nun folgenden Ausführungen und Ratschläge sind für vor allem für Läuferinnen und Läufer gedacht, die schon ein gewisses Niveau erreicht haben. Das ist dann der Fall, wenn du seit mindestens einem Jahr mehrmals die Woche trainierst. Wer einen Marathon absolvieren möchte, sollte sogar seit mindestens 18 Monaten regelmäßig laufen und in der Lage sein 30 Kilometer am Stück zu schaffen.

Drei Begriffe, die im Lauftraining ein besondere Rolle spielen sind Makrozyklus, Mesozyklus und Mikrozyklus. Schon seit Jahrzehnten bekannt, ist diese Form der Periodisierung nach wie vor Standard im Laufsport. Es mag manche überraschen, aber egal ob du dich auf 10 Kilometer vorbereitest oder einen Marathon – die Systematik beim Training und beim Tapering ist nahezu identisch.

  • Makrozyklus: Der längste Zeitraum der Periodisierung und umfasst normalerweise sechs oder 12 Monate. In Bezug auf das Lauftraining umfasst der Makrozyklus die Off-Season (Regenerationsphase und allgemeine Vorbereitung), die Vorbereitungsphase und die Wettkampfphase.
  • Mesozyklus: Dauert in der Regel 6 Wochen. Er beinhaltet die Phasen des Grundlagenaufbaus, der sogenannten spezifischen Vorbereitung (hohe Intensität) und die Wettkampfvorbereitung inklusive der Tapering-Phase.
  • Mikrozyklus: Dauert meist eine Woche und umfasst rein aerobes Training sowie intensive Intervalle, Tempoläufe und natürlich Krafttraining. Die Trainingsinhalte sind aber abhängig vo der jeweiligen Trainingsphase.

Was ist Overreaching?

Frei übersetzt könnte man es als hochintensive Phase bezeichnen. Sie startet sechs Wochen vor dem wichtigen Wettkampf und dauert zwei Wochen. In diese Phase erhöhst du deine Intensität entsprechend deinem individuellen Leistungsvermögen. Ein gut gestaltetes Overreaching sollte zu einer Superkompensation führen, bei der der Körper nach der Erholungsphase auf einem höheren Leistungsniveau steht. Das Tapering ermöglicht es dem Körper, diesen verbesserten Zustand beim Wettkampf abzurufen.

Wie funktioniert Tapering?

Tapering heißt wörtlich übersetzt Reduzierung und das trifft den Kern. In den letzten vier Wochen vor dem Wettkampf reduzierst du dein Trainingsvolumen langsam um bis zu 50 Prozent, behältst die Trainingsintensität aber bei. Untersuchungen zeigen, dass so  Leistungssteigerungen von bis zu 10 Prozent möglich sind. Die mögliche Leistungssteigerung lässt sich sowohl physiologisch als auch psychologisch erklären. Physiologisch profitieren das Herz, die Atmung, der Stoffwechsel sowie Muskeln und Nerven. Das Blutvolumen erhöht sich, genauso wie die Zahl der roten Blutkörperchen und das Hämoglobin (beide wichtig für den Sauerstofftransport). Die Trainingsreduzierung führt zu einem größeren Wohlbefinden, man schläft besser und fühlt sich insgesamt fitter.

Wie sieht das 6-Wochen-Programm aus?

  • 6 Wochen vorher: Du erhöhst vorsichtig deinen Trainingsumfang, machst etwas längere Läufe, kürzere Pausen zwischen den Tempoläufen und mehr Serien, etwa bei einem Sprungkrafttraining oder beim Treppenlaufen. Solltest du ein Krafttraining absolvieren, kannst du die Gewichte erhöhen. Letzteres gilt nur für Läufer, die bereits regelmäßig Krafttraining (mit dem eigenen Körpergewicht, an Maschinen oder mit Hanteln) machen. Wer bislang noch kein Krafttraining gemacht hat, sollte sechs Wochen vor einem Wettkampf nicht plötzlich damit anfangen. Ansonsten ist es aber unbedingt zu empfehlen.
  • 5 Wochen vorher: Du legst noch eine Schippe drauf, darfst aber nicht übertreiben. Du darfst nach einem Training zwar erschöpft sein, musst das nächste, ebenfalls  härtere Training, aber trotzdem durchhalten. Neben dem normalen Ausdauertraining empfehlen sich Intervall- und Tempoläufe sowie natürlich Krafttraining.
  • 4 Wochen vorher: In dieser Woche packst du noch einmal ein wenig drauf. Aber nicht übertreiben. Tipp: Wenn du so erschöpft bist, dass du schlecht schläfst, dann hast du dir zu viel zugemutet und musst ein wenig reduzieren.
  • 3 Wochen vorher: Du startest mit dem Tapering und reduzierst dein Trainingsvolumen. Eine Einheit weniger, kürzere Laufstrecken. Die Laufgeschwindigkeit aber behältst du bei. Sie ist nach wie vor hoch.
  • 2 Wochen vorher: Du reduzierst dein Trainingsvolumen weiter, behältst die Trainingsintensität aber bei.
  • 1 Woche vorher: Dein Trainingsvolumen reduziert sich um die Hälfte.
Mit Tapering von einer Bestzeit zur nächsten
Tapering hilft Dir dabei, Deine Ziele zu erreichen (Foto: adpic)

Auch die Ernährung muss stimmen

Auf die Ernährung gehe ich in diesem Kapitel nicht näher ein. Aber sie spielt in den sechs Wochen natürlich ein wichtige Rolle. Sie sollte möglichst natürlich (viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukte) und ausgewogen sein. In den letzten Tagen vor dem Wettkampf füllst du deine Glykonspeicher mit einer kohlenhydratreichen Kost auf. Dann heißt es: Freu dich auf das Rennen und sei nicht allzu nervös: Du bist optimal vorbereitet.

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