Piriformis-Syndrom – alles über die Läuferkrankheit

Du leidest unter heftigen Rückenschmerzen? Deine Beine tun weh und es kommt sogar zu Lähmungserscheinungen? Na klar, dann ist das wohl ein Bandscheibenvorfall. Doch weit gefehlt. Bei vielen Läufern kann ein kleiner Muskel im Pobereich die gleichen Symptome verursachen. Ärzte bezeichnen das als Piriformis-Syndrom. Die gute Nachricht: Es lässt sich fast immer erfolgreich behandeln und es gibt gute Tipps zur Selbsthilfe.

Im Idealfall ist der Muskel weich und dehnbar

Man nennt ihn auch den Läufermuskel. Nicht weil er so wichtig ist, nein, eigentlich hat er nur eine untergeordnete Bedeutung. Aber bei überdurchschnittlich vielen Läufern meldet er sich schmerzhaft zu Wort. Der Musculus Piriformis gehört zur tiefen Schicht der Hüftmuskulatur und liegt versteckt unterhalb des großen Gefäßmuskels. Er verbindet Kreuzbein und Oberschenkel und ist im Idealfall weich und dehnbar. Aber gerade bei Läufern ist das häufig nicht der Fall. Bei ihnen kann es dann zum Piriformis-Syndrom kommen.

Es muss kein Bandscheibenvorfall sein. Es kann auch das Piriformis-Syndrom sein.
Das Piriformis-Syndrom verursacht heftige Rückenschmerzen (Foto: adpic)

Welche Probleme das Piriformis-Syndrom macht

Das Piriformis-Syndrom hat vor allem vier Ursachen:

  • Das Laufpensum ist zu groß und entspricht nicht Deinem aktuellen Leistungsvermögen.
  • Du hast die Trainingsintensität zu schnell gesteigert.
  • Deine Lauftechnik ist nicht optimal und es bedarf Korrekturen.
  • Deine Laufschuhe sind abgelaufen oder Du trägst Schuhe, die nicht zu Dir passen.

Der überforderte Muskel macht Schmerzen

Treffen ein oder mehrere Gründe zu, sind die für das Laufen hauptsächlich verantwortlichen Muskeln der Hüfte überfordert. Also müssen Hilfsmuskeln einspringen und zu ihnen gehört auch der Piriformis. Er verspannt und verkürzt sich und drückt dann irgendwann direkt auf seinen berühmten Nachbarn: den Ischianerv. Eigentlich kann ein geschulter Arzt mit gezieltem Druck auf bestimmte Triggerpunkte feststellen, ob der Piriformis betroffen ist. Doch diese Untersuchung machen leider nicht alle Ärzte. Stattdessen vermuten sie einen Bandscheibenvorfall, denn die Symptome sind ähnlich:

  • Es kommt zu stechenden Schmerzen im Gesäß.
  • Die Schmerzen können bis in den hinteren Oberschenkel ausstrahlen.
  • Es fängt an zu Kribbeln und es treten Taubheitsgefühle auf.
Der Piriformis ist ein Hilfsmuskel im tiefen unteren Rückenbereich
Der Piriformis ist ein Hilfsmuskel und gehört zur tiefen Schicht der Hüftmusklatur (Foto: adpic)

Piriformis-Syndrom ist weit verbreitet

Bei diesen Symptomen ist es natürlich wichtig, mit Hilfe moderner bildgebender Verfahren einen Bandscheibenvorfall auszuschließen. Und leider viel zu häufig sind auch Schäden an den Bandscheiben zu erkennen. Vor allem in Deutschland greifen Chirurgen dann gerne zum Skalpell. Mittlerweile mindestens 100.000 mal jedes Jahr. Viel zu häufig, wie zahlreiche Experten kritisieren, denn in neun von zehn Fällen ist eine OP unnötig. Das Problem: Viele Patienten leiden auch nach dem Eingriff weiter unter Rückenschmerzen und das ursprüngliche Problem besteht nach vor. Und dabei handelt es sich sehr häufig um das Piriformis-Syndrom. In einer US-Studie hat sich gezeigt, dass bei 42 Prozent aller an einer Bandscheibe operierten Patienten eigentlich ein Piriformis-Syndrom vorlag.

Zwei einfache Testformen

Es gibt zwei Testformen, mit deren Hilfe Ärzte oder in manueller Therapie ausgebildete Physiotherapeuten ein Piriformis-Syndrom nachweisen können:

  • Straight-Leg-Raise-Test (SLR): Der Patienten liegt auf dem Rücken und der Arzt oder Therapeut hebt ein gestecktes Bein langsam nach oben. Treten dabei Schmerzen auf sind eher Wirbelsäule oder Kreuzbein die Auslöser und nicht der kleine Muskel.
  • FAIR-Test: der Patient liegt auf der nicht schmerzenden Seite. Arzt oder Therapeut umfassen das oben liegende Bein, bringen es in die 90-Grad Beugung und führen es dann vorsichtig bis zu 60-Grad nach nach. Mit der anderen Hand drücken sie auf den Polmuskel. Das kann zum einen Schmerzen verursachen und zum anderen kann der Arzt oder Therapeut eine Verhärtung fühlen.

Muskuläre Dysbalancen

Unbehandelt kann es dazu kommen, dass der Ischaisnerv eingeklemmt wird, was heftige Schmerzen und extrem verspannte Muskeln verursacht. Betroffene nehmen meist eine andere Körperhaltung ein, um die Pein ein wenig zu lindern. Das führt aber nur zu muskulären Dysbalancen und weiteren Beschwerden. Deshalb ist es ratsam, schon beim Auftreten erster Symptome zu einem guten Arzt oder Therapeuten zu gehen.

Diese Therapien können helfen

  • Schmerztherapie: Zur Schmerzlinderung Ultraschall und Eisspray (manchmal verschreiben Ärzte auch so genannte nicht-steroidalt Antirheumatika).
  • Triggerpunktmassage: Um das Problem langfristig zu beheben, hat sich eine so genannte myofasciale Triggerpunkttherapie als sehr wirksam erwiesen. Entsprechend ausgebildete Physiotherapeuten schieben ihre Fingerkuppen bis tief unter die Haut. Diese schlägt unter den rhythmischen Bewegungen Wellen und so lösen sich die Verspannungen.
  • Dehnen: Mit speziellen Stretchingübungen wird der betroffene Bereich gedehnt.
  • Ärztliche Behandlung: In besonders schweren Fällen injizieren Ärzte Anästhetika und Corticoide. Manchmal ist eine OP nötig, damit der Piriformis nicht mehr gegen den Ischiasnerv drücken kann.

Hilfe zur Selbsthilfe beim Piriformis-Syndrom

Allerdings ist Geduld gefragt. Über zwei bis drei Monate kann sich die Behandlungsdauer erstrecken. Neben den medizinischen Maßnahmen, können Betroffene aber auch selbst eine ganze Menge tun. Sowohl zur Vorbeugung als auch zur Therapie:

  • Trainingspläne: Überlastung ist einer der Hauptgründe für das Piriformis-Syndrom. Das Training sollte deshalb überdacht und den individuellen Fähigkeiten entsprechen angepasst werden.
  • Krafttraining: Laufen verbessert zwar die Ausdauer, aber wichtige Muskeln schwächen sich ab. In Studien hat sich gezeigt, dass vor allem die Hüftadduktoren – das sind jene Muskeln, mit denen wir ein Bein seitlich wegführen können – beim Laufen leiden. Dazu gehören der große und kleine Polmuskel sowie der Musculus piriformis. Schon zweimal die Woche 20 bis 30 Minuten reichen aus, um hier gezielt zu arbeiten. Wichtig zudem, ein regelmäßiges Core-Training.
  • Beinlänge: Viele Menschen leiden unter einer Beinlängendifferenz, die zu muskulären Dysbalancen und so auch zum Piriformis-Syndrom führt. Manchmal lässt sich das manuell von einem Therapeuten beheben. Ist das nicht möglich, helfen orthopädische Einlagen.
  • Stretching: Auch gezielte Dehnübungen  können helfen vorzubeugen und eventuelle vorhandene Probleme zu beheben. Hier das passende Video dazu.

Hinweis: Dieser Artikel kann keinen Arztbesuch ersetzen

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