Runner’s Knee – der große Ratgeber

Wenn das Knie anfängt weh zu tun, läuten bei allen Menschen die regelmäßig laufen die Alarmglocken. Es könnte das so genannte Runner’s Knee sein. Bis zu 20 Prozent aller Läuferinnen und Läufer leiden unter dieser schmerzhaften Sportverletzung. Doch man kann gut vorbeugen.

Bis zu 20 Prozent aller Läuferinnen und Läufer leiden unter dem Runner's Knee

Die Biomechanik des Knies

Um zu verstehen, wie es zum Runner’s Knee kommt, ist es zunächst wichtig einen Blick auf unsere Knie zu werfen. Das Kniegelenk ist das größte Gelenk im menschlichen Körper, äußerst komplex aufgebaut und setzt sich zusammen aus Knochen, Bändern, Knorpel und Muskeln. Es verbindet den Oberschenkelknochen (Femur) mit dem Schienbein (Tibia).

Die Hauptaufgabe des Knies ist die Beugung und die Streckung. In gebeugtem Zustand ist eine sehr eingeschränkte Ein- und Auswärtsdrehung möglich. Das Kniegelenk sitzt genau zwischen einem sehr beweglichen Knöchel und einer sehr beweglichen Hüfte. Und das ist in Bezug auf das Runner’s Knee von großer Bedeutung: Damit das Knie stets reibungslos und auch bei größerer Belastung gut und schmerzfrei funktioniert, sollten die Strukturen rund um Knöchel und Hüfte ausreichend belastbar sein. Die wichtigsten Strukturen sind:

Die Patella (Kniescheibe)

Die Patella ist ein flacher, scheibenförmiger Knochen an der Vorderseite des Kniegelenks. Ihre Hauptaufgabe ist es, die Sehne des Oberschenkelmuskels (Quadrizeps) über das Kniegelenk zu ziehen und so die Streckung des Knies zu ermöglichen. Sie schützt das Kniegelenk.

Menisken

Im Inneren des Kniegelenks befinden sich zwei halbmondförmige Knorpelscheiben, die man als mediale und laterale Menisken bezeichnet. Sie verteilen die Belastung auf das Gelenk, erhöhen die Stabilitä, reduzieren die Reibung.

Kreuzbänder

Das Kniegelenk hat das vordere Kreuzband und das hintere Kreuzband. Sie verlaufen im Inneren des Gelenks. Beide ermöglichen ein freies Gelenkspiel, verhindern aber auch, dass sich Ober- und Unterschenkel über ein individuelles Normalmaß gegeneinander verschieben können.  

Quadrizeps (vierköpfiger Oberschenkelmuskel)

Beim Quadrizeps handelt es sich um den vierköpfigen Oberschenkelmuskel. Diese Muskeln sind für die Streckung des Knies verantwortlich und spielen eine entscheidende Rolle bei Aktivitäten wie Gehen, Laufen und Springen.

Beugemuskulatur (ischiocrurale Muskulatur)

Die ischiocrurale Muskulatur umfasst den Oberschenkelbizeps, den Schenkelbeuger und den Sartorius-Muskel. Diese Muskeln sind für die Beugung des Knies verantwortlich und ermöglichen Aktivitäten wie Aufstehen oder Treppensteigen. Bei vielen Menschen ist die Muskelgruppe zu schwach ausgeprägt.

Wadenmuskulatur

Die Wadenmuskulatur, bestehend aus dem Schollenmuskel (Gastrocnemius) und dem Schienbeinmuskel (Soleus), erstreckt sich vom Unterschenkel bis zur Ferse. Diese Muskeln sind wichtig für die Plantarflexion des Fußes und können das Kniegelenk stabilisieren, insbesondere beim Stehen und Gehen.

Der Tractus iliotibialis

Wenn es um das Runner’s Knee geht, spielt der Tractus iliotibialis eine besondere Rolle. Der Tractus iliotibialis ist ein Teil unseres Bewegungsapparates und spielt eine wichtige Rolle beim Gehen und Laufen. Er setzt sich aus den Sehnenfasern verschiedener Muskeln zusammen und erstreckt sich von der Hüfte bis zum seitlichen Tibiakopf, entlang der Außenseite des Oberschenkels.

Dieser Tractus dient als Verstärkung der Oberschenkelfaszie (Fascia lata). Im aufrechten Stand des Körpers bewirkt das Körpergewicht eine nach außen gerichtete Biegung des Oberschenkelknochens (Femur). Der Tractus iliotibialis sorgt dafür, dass diese Biegebelastung des Knochens verringert wird, indem er eine seitliche Zugspannung ausübt (Zuggurtungsprinzip). Dies ermöglicht eine stabilere aufrechte Haltung.

Der Tractus iliotibialis spielt eine wichtige Rolle beim Runner's Knee

Runner’s Knee und Tractus iliotibialis

Ursache des Runner’s Knee ist in den allermeisten Fällen eine Überbeanspruchung des Tractus iliotibialis. Deshalb sprechen Mediziner auch vom Iliotibialband-Syndrom (ITBS) oder Tractussyndrom. Folgende Ursachen führen zum ITBS:

  • Überlastung: Häufig tritt das Läuferknie auf, wenn Läuferinnen und Läufer ihre Trainingsintensität zu schnell steigern, lange Strecken laufen oder auf harten Untergründen trainieren.
  • Zu schwache Muskulatur: Eine unausgewogene oder schwache Oberschenkelmuskulatur kann zu einer unzureichenden Unterstützung der Kniescheibe führen und das Risiko für ITBS erhöhen.
  • Fehlstellungen oder muskuläre Dysbalancen: Abweichungen in der Beinachse oder muskuläre Ungleichgewichte, insbesondere im Bereich der Gesäß- und Rumpfmuskulatur können die Bewegung der Kniescheibe beeinflussen und zu Reibung und Schäden führen.
  • Schlechte Lauftechnik: Eine ineffiziente Lauftechnik, wie übermäßige Pronation (Einwärtsdrehung des Fußes) oder zu kurze Schritte, kann zusätzlichen Druck auf das Knie ausüben.

Diese Symprome können auftreten

Sowohl beim Laufen als als auch beim Gehen kann es zu heftigen Schmerzen kommen. Diese Schmerzen machen sich normalerweise im Bereich des Knies bemerkbar, meistens auf der Außenseite. Aber sie können auch an anderen Stellen spürbar sein. Betroffene beschreiben sie als stechend, schneidend und/oder ziehend. Zusätzlich kann ein Druckschmerz an der Außenseite des Knies auftreten.

Die Stärke des Schmerzes hängt daavon ab, wie lange die Probleme schon bestehen. Im fortgeschrittenen Stadium können die Schmerzen sogar in Ruhe auftreten. Für die meisten Läuferinnen und Läufer ist typisch, dass die Schmerzen erst bei einer längeren Laufbelastung auftreten. Eine Zeitlang lassen sich die Probleme noch ignorieren. Doch irgendwann werden sie so stark, dass man den Lauf abbrechen muss.

Die Diagnose

Wie bei allen gesundheitlichen Problemen ist eine umfassende Anamnese (ausführliches Gespräch) mit einer Ärztin oder einem Arzt entscheidend. Du solltest sowohl die Symptome genau beschreiben als auch die Lokalisation des Schmerzes anzeigen können. Anschließend folgt in der Regel eine körperliche Untersuchung. Ärztin oder Arzt begutachten und untersuchen Kniegelenk und die umgebende Muskulatur. Zusätzlich wird das Vorrangleiten der Sehnen- bzw. Muskelplatte oberhalb des Knies ausgetestet. Wenn es dabei zu den entsprechenden Schmerzen kommt, spricht dies für das Läuferknie. Nur in Ausnahmefällen sind auch bildgebende Verfahren nötig.

Eine gute Anamnese ist entscheidend für die Diagnose des Runner's Knee
Im Rahmen einer körperlichen Untersuchung lässt sich das Runner’s Knee diagnostizieren

Die Schwellung beim Runner’s Knee

Studien haben gezeigt, dass schon ein leichtes Ödem um die Patella herum, zu einer erheblichen Verringerung der Fähigkeit führt, Kraft zu erzeugen. Das gilt insbesondere für die Beistreckung. Beste Sofortmaßnahme ist Kühlen mit einem Kühlpad oder Eis. Das Eis sollte dabei keinen direkten Hautkontakt haben, um Kälteschäden an an Haut und Gewebe zu vermeiden. Am besten du wickelst ein Handtuck um die Kältequelle. Tipps: Auch tiefgekühlte Erbsen im Beutel eignen sich gut, um das Knie zu kühlen.

Pause oder Trainingsintensität anpassen

Je nach Beschwerdegrad ist es ratsam, entweder die Trainingsintensität zu reduzieren, oder dem Knie sogar mal ein paar Tage Pause zu gönnen. Auf keinen Fall solltest du unter Schmerzen so weiterlaufen, wie bisher. Der Grund: Durch die Schmerzen verringert sich deine Fähigkeit die für das Laufen wichtigen Muskeln zu aktivieren: Quadrizeps, hintere Oberschenkelmuskulatur (ischiocrurale Muskulatur) und Wadenmuskulatur arbeiten nicht mehr mit voller Kraft. Die Folge: Du fängst an zu kompensieren. Dein Laufstil verändert sich und das kann weitere Probleme hervorrufen:

  • Überlastung von Gelenken und Muskeln, die plötzlich mit ungewohnten Kräften klar kommen müssen. Dies kann zu Muskelverspannungen, Sehnenentzündungen und Gelenkproblemen führen.
  • Veränderung des Bewegungsmusters: Die Veränderung des Laufstils wirkt sich auf den ganzen Körper negativ aus. Wirbelsäule, Muskeln und Gelenke leiden darunter.

Krafttraining als beste Gegenmaßnahme

Regelmäßiges Krafttraining ist wichtig, um das Runner’s Knee zu verhindern oder zu behandeln. Solltest du bereits darunter leiden, solltest du mit deiner Ärztin oder deinem Arzt besprechen, welche Belastung beim Krafttraining für dich die Richtige ist. Die Vorteile des Muskelaufbaus liegen auf der Hand:

  • Eine starke Muskulatur kann helfen, die Sehnenplatte zu stabilisieren und die Reibung an der Außenseite des Knies zu verringern.
  • Gute Muskelkraftausdauer kann helfen, das Knie beim Laufen vor Überlastung zu schützen. So ganz nebenbei macht sie dich auch zu einem besseren Läufer.

Krafttraining für ein starkes Knie

Als besonders effektiv für den Muskelaufbau haben sich drei Sätze pro Übung mit 12 Widerholungen und dazwischen 30 bis 60 Sekunden Pause erwiesen. Je nach Fitnesslevel arbeitest du mit 60 bis 80 Prozent deiner Maximalkraft. Bei Körpergewichtsübungen oder Übungen mit Hanteln oder Theraband solltest du dich an deiner Ermüdung orientieren. Mit anderen Worten: Die letzten zwei Wiederholungen sollten dir bei korrekter Technik schwer fallen. Deine Muskeln dürfen auch ruhig zittern. Ideal ist es, wenn du nach dem Training die trainierten Muskeln gut spürst. Einen Muskelkater musst du aber nicht unbedingt proovozieren.

Weitere Tipps für dein Training

  • Häufigkeit: Bereits mit zwei Trainingseinheiten pro Woche kannst du viel ereichen Wenn du ein sehr ambitionierter Läufer bis und viel Strecke machst, sollten es drei Einheiten pro Woche sein.
  • Dauer: Schon 30 Minuten reichen völlig aus. Dafür suchst dir 5 oder 6 Übungen aus, mit denen du unterschiedliche Muskelgruppen trainierst. Du kannst auch Kraft- und Ausdauertraining in einer Einheit machen.
  • Progression: Wie auch bei deinem Lauftraining, solltest du die Belastung im Laufe der Zeit langsam aber kontinuierlich erhöhen. Dies kann durch Erhöhung des Gewichts, der Wiederholungen oder der Schwierigkeitsstufe der Übungen erfolgen.
  • Aufwärmen: Es versteht sich von selbst. Vor dem Krafttraining musst du dich aufwärmen. Das macht dich leistungsfähiger, weil deine Muskel dann effektiver arbeiten können.

Die besten Kraftübungen

Wie schon erwähnt: Am besten ist es, dass du es gar nicht erst zum Runner’s Knee kommen lässt. Die nun folgenden Übungen haben sich in Studien und Untersuchungen als besonders effektiv erwiesen. Sie kräftigen nicht nur die Muskulatur rund um das Knie, sondern alle Muskeln, die beim Laufen zum Einsatz kommen und direkt oder indirekt Einfluss auf das Knie haben. Denn alles im Körper hängt irgendwie zusammen, wie das so genannte Tensegrity-Modell gezeigt hat.

Lateral Band Walk (Seitwärtsgehen mit kleinem Theraband)

Diese Übung ist bestens geeignet die Hüftgelenke zu stärken. Sie zielt speziell auf die Abduktoren ab, die steuern, wie sich die Hüften nach außen drehen. Starke Abduktoren sorgen dafür, dass die Knie, die nur in eine Richtung gebeugt werden können, beim Laufen gut ausgerichtet sind.

  • Du nimmst ein Miniband und platzierst es direkt über deinen Knöcheln.
  • Dann gehst du bei geradem Rücken leicht in die Hocke.
  • Dann wanderst du mit kleinen Schritten nach rechts und nach links.
Clamshell (Muschel)

Die Clamshell oder Muschel trainiert deine Gesäß-, Hüft- und Adduktorenmuskeln an. Sie hat positiven Einfluss auf die Hüftstabilität und trägt dazu bei, dass du deine Gesäßmuskeln beim Laufen einsetzen kannst.

  • Du platzierst ein Miniband direkt über deine Knie.
  • Du legst dich mit gebeugten Knien seitlich hin, Knie und Füße übereinander.
  • Dann führst du das obere Knie nach oben und senkst es wieder ab, ohne ganz abzulegen.
Kniebeugen mit dem Miniband (ohne und mit Gewicht)

Eine der Königsübungen des Krafttrainings ein wenig abgewandelt. Du trainierst damit den Quadrizeps und die Gesäßmuskulatur. Durch das Miniband kräftigst du zusätzlich genau die Strukturen, die dein Knie schützen. Du kannst die Übung auch mit Zusatzgewicht machen.

  • Das Miniband oberhalb der Knie platzieren und aufrecht hinstellen.
  • Dann bis zum 90-Grad-Winkel in die Hocke gehen und wieder aufrichten.
  • Achte darauf, dass die Knie in Richtung der Füße ausgerichtet sind.
Glute Bride (Hüftheber) – Variationen von einfach bis schwer
  • Du legst dich mit angewinkelten Beinen auf den Rücken. Arme liegen seitlich.
  • Dann hebst du dein Becken nach oben, bis Oberschenkel, Po und Rücken eine gerade Linie bilden.
  • Wieder absenken, ohne ganz abzulegen.
  • Im Video siehst du mehrere Varianten von einfach bis schwer.
Aufsteiger (Step up)

Diese Übung trainiert vor allem die Gesäßmuskulatur und die ischiocrurale Muskulatur. Wenn du gleichzeitig noch mit einer Hantel arbeitest, kommt auch der Core zum Einsatz, um das Gleichgewicht halten zu können.

  • Du stellst dich vor einem stabilen Kasten oder eine Erhöhung.
  • In der rechten Hand hältst du eine Hantel.
  • Dann mit dem rechten Fuß aufsteigen und das linke Bein bis zu waagerechten nach oben führen.
  • Seite wechseln.
Ausfallschritte nach vorne mit einer Hantel

Dieses tolle Übung trainiert viele Muskeln, insbesondere den Quadrizeps, die ischiocrurale Muskulatur, die Gesäßmuskulatur und die Waden. Gleichzeitig ist es eine gute Gleichgewichtsübung.

  • Aufrecht hinstellen mit einer Hantel in einer rechten Hand.
  • Dann einen Ausfallschritt mit de rechten Bein machen.
  • Wieder zurück in die Ausgangsposition.
  • Seite wechseln.

Ausfallschritte rückwärts mit einer Hantel

Etwas knieschonender als Ausfallschritte vorwärts, aber es kommen die gleichen Muskeln zum Einsatz mit dem Fokus mehr auf die Gsäßmuskulatur.

  • Aufrecht hinstellen mit einer Hantel in der rechten Hand.
  • Dann einen Ausfallschritt mit de rechten Bein nach hinten machen.
  • Zurück in die Ausgangsposition.
  • Seite wechseln.
Planks in allen Variationen

Planks zielen in erster Linie darauf ab, die gesamte Rumpfmuskulatur zu trainieren. Dazu gehören die geraden und schrägen Bauchmuskeln und die Rückenmuskeln. Eine starke Rumpfmuskulatur unterstützt die Haltung und Stabilität des Rumpfes und hilft dabei, die Knie in der richtigen Ausrichtung zu halten, was das Risiko von Belastungen und Verletzungen reduziert.

Außerdem stärken Planks, die für das Laufen so wichtige Hüftmuskulatur. Eine instabile Hüfte kann zu Fehlausrichtungen und übermäßiger Belastung der Knie führen. Planks verbessern die Stabilität im Hüftgelenk und reduzieren so das Runner’s Knee-Risiko. Hier ein Video mit Planks in unterschiedlichen Variationen:

Bulgarische Kniebeugen

Vielleicht eine der besten und effektivsten Übungen, insbesondere für Läufer. Es handelt sich um eine so genannte unilaterale Übung. Der Kraftschwerpunkt liegt auf einem Bein. Um die Übung korrekt durchführen zu können, ist es wichtig das Gleichgewicht zu halten. Auf diese Weise kommt gleichzeitig auch noch die Rückengesundheit so wichtige Coremuskulatur zum Einsatz. Dazu gehören die gerade und schräge Bauchmuskulatur, die untere Rückenmuskulatur, der viereckige Lendenmuskel sowie auch die gesamte Streckerkette. Hier ein Video mit der richtigen Technik.

Dieser Artikel ist gründlich recherchiert, kann aber natürlich keine ärztliche Beratung ersetzen.

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