Welche Sportler brauchen eigentlich Nahrungsergänzungsmittel?

Mehr Muskeln, schnellere Regeneration, effektiverer Fettabbau, schlagkräftigeres Immunsystem – so die Versprechen Nahrungsergänzungsmittelhersteller. Rund 1, 3 Milliarden Euro geben Sportler jedes Jahr dafür aus. Doch halten Nahrungsergänzungsmittel eigentlich das, was sie versprechen?

Nahrungsergänzungsmittel
Die meisten brauchen keine Nahrungsergänzungsmittel

Schon in der Antike nahmen Sportler Substanzen ein, um ihre Leistungsfähigkeit zu steigern. Damals vor allem Stierhoden und Rinderblut. Heute stehen rund 20 000 frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel zur Verfügung. Wer regelmäßig trainiert, will mit ihnen seinen erhöhten Nährstoff- und Energiebedarf besser decken. Und man hofft natürlich auch auf Leistungssteigerungen und höhere Belastbarkeit. Doch Ernährungswissenschaftler sind sich einig: Wer Sport treibt, um sich gesund und fit zu halten, braucht sie nicht, wenn die Ernährung ausgewogen ist. Für Kraftsportler, Bodybuilder und leistungsorientierte Ausdauerathleten können sie manchmal Sinn machen.

Das solltest du über Nahrungsergänzungsmittel wissen
  • Zu einer Mangelsituation kommt es eigentlich nur, wenn die Ernährung nicht ausgewogen ist.
  • Nahrungsergänzungsmittel bringen nur dann etwas, wenn ein Nährstoffdefizit vorliegt. Das berühmte Motto „Viel hilft viel“ trifft bei ihnen nicht zu.
  • Nahrungsergänzungsmittel sollten möglichst unter professioneller Anleitung zum Einsatz kommen. Nur so lassen sich die recht häufigen Überdosierungen, Neben- und Wechselwirkungen vermeiden.
Viele Mittel haben kaum oder wenig nutzen

Ganz wichtig für alle, die Geld für die Produkte ausgeben wollen: Für einen Großteil der heute im Handel erhältlichen Nahrungsergänzungsmittel gibt es aus wissenschaftlicher Sicht keinen oder nur einen geringen nachweisbaren Nutzen. Die Ausnahmen stehen unten. Hinzu kommt, dass sie sich bei falscher Einnahme und Dosierung sogar negativ auf die Leistungsfähigkeit auswirken können. Auch Wechselwirkungen mit Medikamenten sind möglich.

Natürliche Lebensmittel sind überlegen

Ein weiteres Plädoyer für die Natur: Bislang gibt es kein Produkt auf dem Markt, das es mit natürlichen Lebensmitteln aufnehmen kann. Der Grund: Eine Nahrungsergänzung kann immer nur selektiv sein und sie kann keine ausgewogene Ernährung ersetzen. In Gemüse und Obst, Vollkornprodukten und anderen hochwertigen Lebensmitteln sind die Inhaltsstoffe perfekt auf unsere Bedürfnisse abgestimmt. Aber es gibt auch ein paar Produkte, die nachweislich eine Wirkung haben. Hier ein Überblick:

Koffein

Koffein ist ein Alkaloid. Schon geringe Mengen erhöhen die mentale Fitness, weil es die Produktion des Hormons Noradrenalin anregt. Es aktiviert außerdem den Fettstoffwechsel und schont die Energiespeicher des Körpers. Koffein verringert das Ermüdungsgefühl, selbst bei größeren Belastungen, durch eine vermehrte Bereitstellung von Fettsäuren. Die Fähigkeit der Muskelkontraktion erhöht sich genauso wie das so genannte Membranpotential. Das wirkt sich positiv auf die Muskelleistung aus. Der Koffeinspiegel erreicht 30 bis 60 Minuten nach Einnahme sein Maximum und entfaltet dann seine anregende Wirkung, die bis zu sechs Stunden anhalten kann. Nachteil: an Koffein kann man sich gewöhnen und dann bleiben die Effekte aus. Bei Dosierungen von mehr als 250 Milligramm drohen Einschlafstörungen, Nervosität, Ruhelosigkeit, Angst, Herzrasen, Kopfschmerzen und Durchfall. Ab einer Dosis von drei Gramm droht gar Lebensgefahr. Seit 2004 steht Koffein nicht mehr auf der Dopingliste.

Kreatin

Die beliebteste ergogene, also leistungssteigernde Substanz. Der normale Tagesbedarf liegt bei zwei Gramm. Wer intensiv trainiert, braucht entsprechend mehr. Studien haben die Wirksamkeit bezüglich Muskelaufbau und schnellerer Regeneration nachgewiesen. Sinnvoll ist Kreatin aber nur in Kraft- und Schnellkraftsportarten. Ausdauersportler profitieren davon nicht. Bodybuilder und Kraftsportler nehmen es gerne kurmäßig ein, vor allen in Phasen hochintensiven Trainings. Beispiel: Fünf Tage zehn bis maximal 20 Gramm pro Tag und dann zwei Gramm pro Tag als Erhaltungsdosis. Oder 30 Tage täglich drei Gramm. Zu den Nebenwirkungen gehören Blähungen, Übelkeit und Krämpfe, vor allem in den Waden. Außerdem kann es zu Wassereinlagerungen kommen und auch die Verletzungsgefahr kann ansteigen, weil sich der Druck in den Zellen erhöht. Bei hochwertigen Produkten gilt die Einnahme als unbedenklich.

HMB (β-Hydroxy-β-methylbutyrat)

Ein natürliche Abkömmling der Aminosäure Leucin. In Studien hat sich gezeigt, dass die Einahme von HMB eine leistungssteigernde Wirkung hat. Muskeln wachsen schneller und die Regenerationszeit nach einem intensiven Krafttraining verkürzt sich. Das gilt allerdings vor allem für Untrainierte oder wenig Trainierte. Bei ihnen lassen sich durch die Einnahme von HMB erstaunliche Kraftzuwächse verzeichnen, wie diese Studie gezeigt hat. Bereits gut trainierte Athleten können nur dann von HMB profitieren, wenn sie hochintensive Übungen häufig variieren, um Gewöhnungseffekte zu vermeiden. Hier die dazugehörige Studie. Nebenwirkungen konnten bislang nicht nachgewiesen werden.

Natriumbicarbonat

Auch als Natron bekannt und für Sportler interessant, die anaerobe Belastungen vor sich haben. Eine Dosis von 0, 3 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht ein bis drei Stunden vor dem Wettkampf oder einem anstrengenden Training erhöht die Pufferkapazität des Blutes vor, während und nach der Belastung. Die beanspruchte Muskulatur übersäuert nicht so schnell, arbeitet länger auf hohem Niveau und ermüdet auch nicht so schnell. Ganz großer Nachteil: Natriumbicarbonat ist nicht besonders gut verträglich und löst häufiger Erbrechen und Durchfall aus.

Maltodextrin

Ein wasserlösliches Kohlenhydratgemisch. Es ist in der Lage die Ausdauerleistung zu verbessern, wie eine Studie mit Radfahrern gezeigt hat. Der Körper kann es rasch und vollständig in Glukose umwandeln. Maltodextrin ist gut verträglich.

Koffein als Energiebooster
Koffein gehört zu den Mitteln, die tatsächlich die Leistung steigern können

Keine Wirkung nachgewiesen

Leider gibt es aber auch viele Nahrungsergänzungsmittel mit Inhaltsstoffen, für die bislang keine, eine sehr geringe Wirkung oder eine widersprüchliche Wirkung nachgewiesen werden konnte. Dazu gehört vor allem L-Carnitin. Es hat einen besonderen Ruf als Fatburner. Tatsächlich spielt die Aminosäure eine Schlüsselrolle bei der Fettverbrennung in unseren Muskeln. Es schafft Fettsäuren in die Mitochondrien. Trotzdem verbrennt L-Carnitin nicht mehr Fett. Denn bevor Fettsäuren hinausgeschleust werden, muss der Körper das überschüssiges Fett erst zerlegen. Das ist die Aufgabe des fettspaltenden Enzyms Lipase. Nur dem ist es völlig egal, ob L-Carnitin zur Verfügung steht oder nicht. Auch bei den folgenden Mitteln gibt es bislang keinen eindeutig wissenschaftlich belegten Nutzen:

  • Ginseng – eine Übersichtsarbeit der Deutschen Sporthochschule Köln ist zu widersprüchlichen Ergebnisse gekommen.
  • Coenzym Q10 – Bislang hat die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) keinen wissenschaftlichen Beweis für eine Wirksamkeit gefunden.
  • Alpha-Liponsäure – eine koreanische Studie hat gezeigt, dass sie hilft Fett abzubauen. Die Probanden waren aber stark übergewichtig.
  • Taurin – der Arbeitskreis Sport und Ernährung der DGE sagt, dass es bislang keinen wissenschaftlich nachgewiesenen Effekt gibt.
  • BCAAS – Studien sind nicht eindeutig. Ernährungswissenschaftler halten sie für unnötig.

Bei Einnahme am besten beraten lassen

Ich hatte schon darauf hingewiesen: Wer mehrere Nahrungsergänzungsmittel einnimmt und möglicherweise auch noch Medikamente, sollte sich gezielt beraten lassen. Zu groß ist ansonsten die Gefahr Wechselwirkungen. Die gewünschte Wirkung am Zielort, etwa beim trainierten Muskel, kann abgeschwächt sein oder sogar ausbleiben. Manche Mineralstoffe vertragen sich nicht mit Kalzium- und Eisenpräparaten. Im Gegensatz zu Arzneimitteln sind Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln nicht verpflichtet Neben- und Wechselwirkungen auf der Verpackung oder einem Beipackzettel zu unterzubringen.

Dieser Artikel ist gründlich recherchiert, kann aber keinen Besuch beim Arzt oder Ernährungswissenschaftler ersetzen

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